Am Donnerstag ist Schluss: Anna Gfeller Specogna, Primarlehrerin und seit 2007 Laienrichterin am Bezirksgericht Bülach, geht in Pension. Sie war die letzte Laienrichterin im Kanton Zürich – die letzte Frau ohne juristischen Abschluss in einem richterlichen Amt. Mit ihrem Rücktritt geht nicht nur eine persönliche Laufbahn zu Ende, sondern auch ein ganzes Kapitel Zürcher Justizgeschichte.
„Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge", sagt Gfeller gegenüber zueriunterland24. „Ich bin gespannt und zuversichtlich, was das Leben als nächstes für mich bereit hält!"
Die Lehrerin wurde 2007 in das Amt gewählt – zu einer Zeit, als es noch selbstverständlich war, dass Bürgerinnen und Bürger ohne juristische Ausbildung Recht sprachen. Das sogenannte Milizsystem hatte zum Ziel, berufliche Erfahrung und Lebensnähe in die Gerichtsbarkeit einzubringen. Doch diese bürgernahe Vorstellung von Justiz gehört im Kanton Zürich der Vergangenheit an.
Im Juni 2016 beschloss die Zürcher Stimmbevölkerung mit 65,6 Prozent die Abschaffung der Laienrichter. Künftig soll nur noch zum Bezirksrichter gewählt werden können, wer ein abgeschlossenes Jura-Studium vorweisen kann. Für amtierende Laienrichterinnen und Laienrichter gab es eine Übergangslösung – diese hat Anna Gfeller Specogna genutzt, um sich für die verbleibende Zeit an der Universität in rechtlichen und richterlichen Fragen weiterzubilden. Gemäss dem Willen des Volkes.
Anna Gfeller Specogna war die letzte Frau, die dieses Modell im Kanton Zürich noch verkörperte. Ihr Abschied markiert den symbolischen Endpunkt eines Justizsystems, das jahrzehntelang von beruflicher Vielfalt und gelebter Bürgernähe geprägt war. Übrig bleibt am Bezirksgericht Bülach noch der Eglisauer Christian Aegerter als Laienrichter und die Erinnerung an eine Zeit, in der nicht nur Paragrafen zählten, sondern auch Lebenserfahrung und Menschenkenntnis – vertreten durch Persönlichkeiten wie Anna Gfeller Specogna.