Manchmal sagt ein Google-Stern mehr als tausend Worte. Im Fall der Mensa der Kantonsschule Zürcher Unterlandsind es derzeit 2,2 an der Zahl – was durchaus als Feedback verstanden werden darf. Die Kommentare, die diese Bewertung begleiten, lesen sich wie eine Mischung aus Küchenprotokoll und Befindlichkeitsstudie.
Da wird das Brot als „härter als der Boden“ beschrieben, das Essen „eine Zumutung für jeden normal lebenden Menschen“ genannt. Ein anderer Eintrag wirft die Frage auf, wie es möglich sei, „sogar Wiener falsch zu machen“. Doch zwischen den Zeilen blitzen auch versöhnliche Töne auf: Das Personal sei „sehr nett“, offen für Feedback, freundlich im Ton. Es wäre also verkürzt, das Urteil allein am Menüplan festzumachen.
Denn wer etwas tiefer rührt, entdeckt: Die Bülacher Mensa steht mit dieser Kritik nicht allein. Die Kantine der Kantonsschule Im Lee in Winterthur bringt es auf 2,4 Sterne, jene in Zürich-Wiedikon auf 2,5. Selbst im akademischen Olymp der ETH Zürich sind es gerade mal 3,1. Und auch wenn die Mensa der Universität Zürich lobend erwähnt wird – eine kulinarische Hochburg ist sie nicht per Definition.
Woran liegt es also, dass Schulmensen so häufig im Kreuzfeuer der Kritik stehen? Sind sie tatsächlich zu fade, zu teuer, zu tiefgefroren? Oder sind sie die Stressbälle der Studierenden? Die richtige Institution am falschen Ort? In der Mittagspause, wenn der Magen knurrt, das Hirn erschöpft ist und der nächste Test droht, wird aus dem Teller schnell ein Symbol. Für das, was man lieber nicht schlucken möchte: Leistungsdruck, Langeweile, Frust.
Die Mensa wird so zur Projektionsfläche. Sie kann noch so bemüht, das Personal noch so freundlich sein – gegen den täglichen Ernst des Schullebens kocht selbst das beste Küchenteam vergebens an.
Und vielleicht liegt darin der eigentliche Kern: Nicht jede Bewertung ist ein objektives Urteil über Geschmack und Konsistenz. Manche sind schlicht ein Ventil. Ein stilles Protestgericht, serviert auf digitalem Porzellan.
So betrachtet, hat die Mensa in Bülach womöglich einen ganz eigenen Bildungsauftrag erfüllt: Sie lehrt differenzierte Kritik, polemische Zuspitzung und kreativen Ausdruck – manchmal ungewollt, aber wirkungsvoll. Und das ist, bei aller Schärfe, vielleicht das beste Rezept überhaupt.