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Region Bülach
13.12.2024

Deponie Bleiki: Rafz zwischen Skepsis, Verantwortung und Geldsegen

Gemeindepräsident von Rafz, Kurt Altenburger
Gemeindepräsident von Rafz, Kurt Altenburger Bild: Gemeinde Rafz
Rafz: Der Gemeinderat unterstützt neuerdings die Deponie Bleiki, auch wegen finanzieller Gründe – Präsident Altenburger im Exklusiv-Interview

Ursprünglich zeigte sich der Gemeinderat gegenüber der Deponie Bleiki skeptisch und empfand sich vom Kanton übergangen. Neuerdings aber – und ein Schelm wer nicht an den Geldsegen denkt – unterstützt der Gemeinderat Rafz den Standort - auch von Verantwortung wird gesprochen. Die  Bevölkerung bleibt skeptisch und der defintive Entscheid pro oder kontra Deponie fällt frühestens im Juni 2025. Kurt Altenburger, Gemeidepräsident von Rafz stellt sich den Fragen von ZU24:

"Die Wogen zwischen dem Kanton und dem Gemeindrat haben sich geglättet"

ZU24.ch: Als der Kanton die Gesamtschau Deponien veröffentlichte und die Gemeinde davon Kenntnis erhielt, hatte sich der Gemeinderat noch gegen das Vorhaben geäussert. Scharf kritisiert wurde, dass Rafz nicht über das breit abgestützte Verfahren informiert und involviert wurde. Hat sich die Kommunikation mit dem Kanton inzwischen verbessert?
 

Kurt Altenburger: Bei der Präsentation der Gesamtschau liess der Kanton durchblicken, dass die betroffenen Standortgemeinden im Auswahlprozess involviert waren. Das war nicht der Fall. Vom Kanton wurden wir nicht darüber informiert. Das hat uns damals geärgert. Die Wogen haben sich in der Zwischenzeit aber geglättet. Vertreter des Kantons haben sogar an unserer Informationsveranstaltung mitgewirkt, die wir am 4. November 2024 in Rafz für die Bevölkerung abhielten (weitere Infos unter www.deponie-bleiki.ch).

ZU24.ch: Sie schreiben in Ihrer Mitteilung, dass die Gemeinde früh (vor drei Jahren durch Eberhard) informiert wurde. Die Gesamtschau wurde allerdings erst im April dieses Jahres veröffentlicht, was den Schluss zulässt, dass die Gemeinde erstens vom Verfahren gewusst hatte und zweitens proaktiv dem Kanton hätte gegenübertreten können. Wie verlief der genaue Informationsaustausch bezüglich der Deponie in den letzten drei Jahren? 

Kurt Altenburger: Dass der Standort Rafz auch beim Kanton im Planungsprozess enthalten war, wussten wir eben bis zur Veröffentlichung der Gesamtschau nicht vom Kanton direkt. Bereits im März 2023 haben wir beim Kanton schriftlich interveniert, aber keine Antwort erhalten. Wie wir in unserer Medienmitteilung erläutert haben, hat sich die Haltung des Gemeinderates aber in den letzten zwei Jahren gewandelt.

Während der Betriebsphase ergeben sich jährlich 1,25 bzw. total 24 bis 26 Millionen Franken Einnahmen für die Gemeinde Rafz

ZU24.ch: Es scheint aus Ihrer Mitteilung hervorzugehen, dass die zu erwartenden Entschädigungen für den Sinneswandel verantwortlich sind – stimmt das, oder gab es auch andere Gründe? Gibt es dazu konkrete Zahlen? Diese könnten allenfalls Skeptiker des Projekts beruhigen. 

Kurt Altenburger: Wir haben diese Zahlen bereits an unserer Informationsveranstaltung und an der letzten Budgetgemeindeversammlung bekanntgegeben. Wir rechnen im Zeitraum der Betriebsphase mit Einnahmen von 24 bis 26 Mio. Franken, was rund 1,25 Mio. Franken pro Jahr ergibt. Es geht dem Gemeinderat nicht nur um die finanziellen Aspekte. Wir alle produzieren Abfall und die nicht mehr wiederverwertbaren Anteile müssen irgendwo sicher gelagert werden. Wenn sich im kantonalen Prozess Rafz als geeigneter bzw. geeignetster Standort erweist, dann stellt sich der Gemeinderat nicht quer. Wir übernehmen dabei auch eine gesellschaftliche Aufgabe, das ist auch ein wichtiger Aspekt für uns.

Bild: www.deponie-bleiki.ch

"Es ist ein kontroverses Thema und eine Gruppe von Rafzerinnen und Rafzer haben Widerstand angekündigt"

ZU24.ch: In der Gemeindeinformation vom 9. September schien die Meinung der Bevölkerung gegenüber dem geplanten Standort der Deponie Bleiki skeptisch bis negativ. Empfanden Sie das ebenfalls so, und was wird die Gemeinde unternehmen, um die Bevölkerung entsprechend zu informieren?

Kurt Altenburger: Wir haben am 4. November 2024 bereits eine Informationsveranstaltung zum Thema Deponie Bleiki durchgeführt. Wir wissen, dass eine Gruppe von RafzerInnen bereits aktiven Widerstand angekündigt hat. Es ist ein kontroverses Thema und uns ist der offene Austausch über das Vorhaben sehr wichtig. Deshalb planen wir im Februar 2025 eine Diskussionsveranstaltung im Rahmen eines Podiumsgesprächs. Im April/Mai 2025 werden wir für die Bevölkerung zusammen mit Eberhard auch Besichtigungen von Deponien im Betrieb organisieren. Wie erwähnt haben die Stimmberechtigten aber das letzte Wort. Die Behandlung an der Gemeindeversammlung ist am 16. Juni 2024 vorgesehen. Wir werden voraussichtlich davor im Mai 2025 nochmals einen Informationsanlass einplanen. Wir haben aus der Bevölkerung aber auch bereits Signale gehört, dass es ein nachvollziehbarer und sinnvoller Entscheid ist, welcher der Gemeinderat gefällt hat.

ZU24.ch: Was sind die nächsten Schritte in Bezug auf die Deponie, wann erwarten Sie die Abstimmung? 

Kurt Altenburger: Grundsätzlich ist es ein Geschäft, das von der Gemeindeversammlung beschlossen werden kann. Es ist möglich, darüber eine nachträgliche Urnenabstimmung zu verlangen (sog. fakultatives Referendum). Ob dieses ergriffen wird, wissen wir im Moment aber noch nicht. Dies wird sich dann im Juni zeigen.

"Der Sinneswandel des Gemeinderates zeigt exemplarisch, dass über Deponieen viel Unwissen vorhanden ist"

ZU24.ch: Haben Sie Information, welche die Bevölkerung von Rafz wissen sollte? 

Kurt Altenburger: Der Sinneswandel des Gemeinderates zeigt exemplarisch, dass über Deponien viel Unwissen vorhanden ist. Man verwendet Schlagworte wie Giftmülldeponie oder behauptet, die giftigen Materialen würden mit offenen Lastwagen durchs Unterland transportiert. Das sind Fake-News. Deponien sind technische Bauwerke, bei denen alle Umweltaspekte nach dem heutigen Stand des Wissens sauber abgeklärt werden. Jede und jeder kann sich selber davon überzeugen, indem er zum Beispiel eine Deponie besichtigt, so wie es der Gemeinderat selber auch getan hat. Wir wünschen uns deshalb, dass sich die Bevölkerung aktiv mit diesem Thema beschäftigt, bevor unwahre Behauptungen in die Welt gesetzt werden.

Bild: Kanton Zürich
pw