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Region Bülach
01.10.2024
29.09.2024 17:47 Uhr

Hat die Post Bülacher «Modellflug-Lädeli» zum Absturz gebracht?

Bild: Youtube Aviation Market
Ein fataler Fehler der Post bringt den Modellflugladen „Aviation Market“ in Bülach in Existenznot. Jetzt kündigt der Besitzer die Schliessung zum Jahresende an.

Der Modellflugladen „Aviation Market“ in Bülach ZH schliesst am 31. Dezember 2024 endgültig seine Türen. Dies gab Inhaber This Wolfensberger in einem bewegenden YouTube-Video bekannt. Das Geschäft, das er 2020 mit viel Herzblut aufgebaut hatte, ist nach einem verheerenden Fehler der Schweizer Post nicht mehr zu retten. „Die Post hat mir den Genickschuss verpasst“, sagt Wolfensberger sichtlich enttäuscht. Was war geschehen?

Im Herbst 2023 hatte die Post offenbar die Adresse von „Aviation Market“ ohne Vorwarnung deaktiviert. Über Monate hinweg erreichten den Laden daher keine Briefe und wichtigen Rechnungen. Da Lieferungen von anderen Logistikunternehmen, Zeitungen und Werbung jedoch weiterhin zugestellt wurden, bemerkte Wolfensberger den Fehler lange nicht. Erst im Januar 2024 fiel ihm auf, dass etwas nicht stimmte. Eine Überprüfung ergab, dass die Postadresse des Geschäfts fälschlicherweise als „inaktiv“ markiert worden war.

In der Zwischenzeit hatte sich das Problem jedoch bereits massiv auf das Geschäft ausgewirkt: Zahlreiche Rechnungen waren unbezahlt, Lieferanten aus China hielten Bestellungen zurück, und Kunden wandten sich aufgrund der fehlenden Warenlieferungen an die Konkurrenz. Die Folge: Ein erheblicher Umsatzeinbruch und ein finanzieller Schaden von mindestens 20'000 Franken. „Das ist für ein kleines Geschäft wie meines existenzbedrohend“, erklärt Wolfensberger.

SRF „Espresso“ berichtete erstmals am 24. Juli 2024 über den Fall und half mit, den Druck auf die Post zu erhöhen. Die Post hatte ihm als Entschädigung zunächst 1'500 Franken angeboten – eine Summe, die Wolfensberger als „lächerlich“ bezeichnete. Nachdem sich das Konsumentenmagazin eingeschaltet hatte, erhöhte die Post zwar ihr Angebot, trotzdem ist für Wolfensberger klar: „Auch diese Summe deckt den Schaden bei Weitem nicht ab.“

In seinem Video schildert der Ladenbesitzer nicht nur die Probleme mit der Post, sondern auch weitere Herausforderungen der vergangenen Jahre. Die Eröffnung seines Geschäfts fiel mitten in die Corona-Pandemie. Kaum hatte er im Dezember 2020 gestartet, musste er schon sechs Wochen später wegen des Lockdowns wieder schliessen. „Das hat meine Reserven sehr schnell weggeschmolzen“, berichtet Wolfensberger. Als sich die Situation zu entspannen schien, folgten Probleme mit Lieferungen aus China, die durch den Suezkanal-Stau, steigende Versandkosten und globale Lieferengpässe weiter erschwert wurden.

Den grössten Schlag erlitt das Geschäft jedoch durch die Post-Panne. „Wegen der fehlenden Rechnungen blieben meine Lieferungen in China liegen, und meine Kunden bestellten bei der Konkurrenz“, erzählt Wolfensberger. „Als ich die ersten Rechnungen und Mahnungen endlich erhielt, war es bereits zu spät.“ Selbst als die Post ihren Fehler korrigierte, dauerte es noch Monate, bis die Geschäftsprozesse wieder liefen. Viele Kunden hatten jedoch bereits ihr Vertrauen verloren, und Wolfensberger kämpfte vergeblich, die entstandenen Verluste aufzuholen.

Nach dem Bericht von SRF „Espresso“ meldeten sich zahlreiche weitere Betroffene bei der Redaktion. Ein Therapeut aus Basel und der Inhaber einer Softwarefirma aus Lenzburg berichteten, dass auch ihre Adressen ohne ihr Wissen deaktiviert worden waren. In ihrem Fall konnten die Probleme glücklicherweise behoben werden, bevor ein grösserer Schaden entstand. Die Schweizer Post wies die Vorwürfe eines Systemfehlers dennoch zurück. „Es gibt keinen Systemfehler“, erklärte Post-Sprecherin Silvana Grellmann gegenüber „Espresso“. Die Adressdatenbank mit 12 Millionen Adressen werde von rund 12'000 Post-Mitarbeitern betreut, und Fehler seien trotz aller Sorgfalt nie ganz auszuschliessen.

Die traurige Realität für This Wolfensberger ist jedoch, dass sein Geschäft den Fehler der Post nicht überleben wird. Er plant einen Ausverkauf der Lagerware, um möglichst viele Schulden zu begleichen, bevor er am 31. Dezember endgültig die Türen schliesst. In seinem Video zeigt er sich tief enttäuscht: „Ich habe mein Geschäft mit viel Leidenschaft aufgebaut, und es ist extrem bitter, dass es auf diese Weise enden muss.“

Zur Website von Aviation Market

Zur Sendung Espresso von Radio SRF

 

mj